Samstag, 20. Januar 2007

Augsburg 1520

Heute wollte ich mal zwei Spiele der dritten Alea-Reihe (die mit den mittelgroßen Schachteln) ausprobieren. Den Anfang machte das Spiel „Augsburg 1520“.

Zu Beginn einer kurzen Spielbeschreibung stellt sich dann auch als erstes die Frage: Wie kann man das Spiel am einfachsten beschreiben. Und da drängt sich dann immer sofort der Vergleich mit anderen Spielen, die man selbst und hoffentlich auch der Leser schon kennt. In diesem Fall ist das schwierig, hat das Spiel doch von allem etwas, aber nicht genug für einen legitimen Vergleich. Es ist vor allem etwas Sankt Petersburg und etwas Puerto Rico mit drin.

Beim Erörtern der Spielregeln fiel dann auch als erstes auf: Es ist ein „Vokabelspiel“. Es gibt einfach zu viele Namen für die unterschiedlichen Spielelemente, die man sich merken muss, um die Spielregeln auf Anhieb zu verstehen. So haben wir immer mal wieder das Regellesen unterbrochen, um (wieder einmal) zu erörtern, was denn nun nochmal ein Privilegkärtchen oder ein Rechteplättchen sei und wo man die Stufe ablesen kann. Für Enddreißiger mit entsprechend flüchtigem Kurzzeitgedächtnis immer wieder eine Herausforderung.

Es gibt eine festgelegte Anzahl Runden, nach denen jeweils der aktuelle Spielstand in einer „Phase 2“ genannten Wertungsrunde honoriert wird, bevor es in die nächste Runde geht.

Es geht wohl darum, Einfluss auf fünf verschiedene Persönlichkeiten zu nehmen. Zu diesem Zweck bietet man Schuldscheine auf, die auf die jeweiligen Namen dieser Personen ausgestellt sind. Diese Schuldscheine werden repräsentiert durch Karten mit dem Konterfei der Person und einer Zahl von 1 bis 17. Je mehr dieser Schuldscheine man bietet, desto besser. Man muss in so einer Bietrunde aber nicht das Gebot erhöhen, man darf auch halten (muss also mindestens die gleiche Anzahl Karten bieten), um im Spiel bleiben zu können. Bieten am Ende mehr als einer die gleiche höchste Anzahl Karten, gewinnt der Spieler mit der höchsten gebotenen Einzelkarte. Platz zwei und drei bekommen immerhin noch ein bisschen Trostgeld, was gerade zu Beginn des Spiels nicht wirklich weiter hilft.

Der Gewinner darf aus einer Anzahl ausliegender Karten eine wählen, die 3 definierte Aktionen zulässt. Zwei davon darf man ausführen – welche, das bleibt dem Spieler überlassen. Hauptsächlich dienen diese Aktionen dazu, in drei Bereichen Einfluss (Stufen) zu gewinnen. Je höher die Stufe in der Faktorei, desto mehr Geld bekommt man am Ende einer Runde. Je höher die Stufe im Bereich Bürger, desto mehr Prestigepunkte (=Siegpunkte) gibt es, und wenn man im dritten Bereich Kaufmann weiterkommt, hat man bei den Schuldscheinen, die man vor der nächsten Runde neu dazu bekommt, eine größere Auswahl und bekommt den einen oder anderen gar geschenkt.

Denn: Schuldscheine sind in der Regel nicht kostenlos. Im Gegenteil: Je höher der Wert, desto teurer sind sie auch. Ein 17-er-Schuldschein ist nicht für unter 400 Gulden zu haben. Wenn man aber aufgrund schlecht ausgebauter Faktorei nur 600 Gulden erhält, ist das Budget für neue Karten schnell dahin.

Tatsächlich ist auch dieses Spiel erst einmal nicht davor gefeit, dass ein Spieler mit entsprechender Taktik oder unbedarften Gegenspielern auf der Siegpunktleiste davon prescht. Aber hier kommt dann ein interessanter Mechanismus ins Spiel, der das ganze wieder ausgeglichener macht (was in unserer Partie aber nicht verhindern konnte, dass der sehr früh in Führung liegende nicht trotzdem deutlich gewinnt). Gewisse Siegpunkt-Stufen darf man erst passieren (egal, wie viele Prestigepunkte man auch erhielte), wenn man auch eine Kirche oder einen Dom erbaut hat. Gerade für den Spieler, der solche Gebäude vor den anderen errichtet, sind diese besonders teuer. Je mehr Spieler schon Kirche oder Dom haben, desto billiger wird das entsprechende Bauwerk für die anderen. Da das Geld aber vor allem benötigt wird, um die zum Ausbau notwendigen Schuldscheine zu erstehen, hat man selten die nötigen Baukosten parat.

An sich war das Spiel ganz nett, mein Fall sind solche historisch angehauchten Wirtschaftsspielchen um Macht und Einfluss normalerweise nicht (darum spiele ich auch kaum Puerto Rico oder Sankt Petersburg). Gestört hat mich die Fülle an Bezeichnungen, die man wieder mal lernen musste. Schön aber vor allem war, wie die einzelnen Bereiche, die es auszubauen gilt, aufeinander aufbauen. Vernachlässigt man nur einen der drei, kommt man im Spiel nicht wirklich auf einen Medaillenrang. Investiere ich viel in Siegpunkte, bleib ich später auf der Leiste stehen, weil mir Kirche oder Dom fehlen. Investiere ich in Kirche oder Dom, vernachlässige aber den Bürgerbereich, habe ich zwar die Voraussetzung für viele Punkte, die vielen Punkte selbst aber tröpfeln nur in die Kasse. Und achtet man nicht auf genügend hohes Einkommen, ist man beim Wetteifern um die Nutzung der Privilegien schnell in der passiven Rolle.

Eingefleischten Puerto-Rico-Spielern bietet Augsburg 1520 wahrscheinlich zu wenig Spieltiefe. Wem aber Sankt Petersburg gut gefallen hat, der könnte auch bei Augsburg 1520 ein ihm gefälliges Spiel mit neuen Mechanismen entdecken.

Mitspieler: Susanne, Martin, Cindy, ich
Spieldauer: ca. 90 Minuten (ohne Regellesen)
Meine erste Wertung: 6 von 10

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